Frühes Aufstehen war angesagt, um mit dem ersten Zug nach Rosenheim zu fahren, von wo aus es mit der Bahn weiterging nach Brannenburg. Der Zug war heute das ideale Verkehrsmittel, wollten wir doch eine Nord-Süd-Überschreitung der Bergregion machen, die den Wendelstein als ihren prominentesten Vertreter hat, auch wenn der Wendelstein selbst nicht zu unseren Gipfelzielen zählte. Der Preis für die Reiseart war, dass wir uns vom Bahnhof Brannenburg aus fast eine Stunde lang über asphaltierte Straßen quälen mussten. Sobald diese etwas lästige Phase hinter uns lag, gab es an der Streckenführung - abgesehen von der Anstrengung - absolut nichts mehr auszusetzen.
Ab von der Straße führte uns der Weg erst über einen wurzelreichen Steig und später über Forstwege bei herrlichstem Wetter recht unspektakulär hinauf bis zur Schuhbräualm.
Unmittelbar vor der Schuhbräualm führte ein Pfad links ab, der uns über eine Wiese hinauf führte zur - zumindest zu diesem Zeitpunkt verwaisten - Rampoldalm. Daher gab es auch keinen Grund, sich dort aufzuhalten, vielmehr führte uns der Weg weiter hinauf in Richung Rampoldplatte.
Bald schon wurden erstmals Blicke frei auf die vertrauten Gipfel von Breitenstein und Wendelstein, wenn auch aus für uns ungewohnter Perspektive.Der Weg bis zur Rampoldplatte zog sich dann doch ganz ordentlich hin. Kein Wunder. Auch wenn die Rampoldplatte nur bescheidene 1422m hoch ist, so bedeutet das bei einer Ausgangshöhe von knapp 500 m trotzdem eine Höhendifferenz von mehr als 900 m. Wir hätten die Rampoldplatte auch links liegen lassen können, aber wer sind wir, einen Gipfel auszulassen. So kamen wir schlielich zu unserer ersten Gipfelrast.
Von den heute zu überwindenden Höhenmetern her, hatten wir auf der Rampoldplatte rund 60 % des Tagespensums geschafft. Blöd war nur, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon rund 80 % meiner Kraftreserven verbraucht hatte. Deshalb hat es mich auch gar nicht so gefreut, dass es zunächst einmal wieder ein Stück bergab ging, ehe der nächste Aufstieg hinauf zur Hochsalwand begann, wusste ich doch, dass jeder Meter nach unten einen zusätzlichen Meter nach oben bedeuten würde.
Hinauf zur Hochsalwand wurde es sowohl feuchter und glitschiger als auch etwas alpiner. Teilweise ist der Weg mit Seilen versichert, die bei größerer Nässe durchaus hilfreich sein dürften.
![]() Gesicherter Steig ... |
![]() ... mit Mühen erklommen |
Mittlerweile hatte ich mir an der Ferse eine Blase gelaufen, die ich jedoch mittels eines gezielt gesetzten Pflasters wirkungslos machte. Das letzte Stück rauf zum Gipfel ließen meine Kräfte dann schon ein wenig nach. Oben aber belohnte mich eine herrliche Aussicht.
Am Gipfel der Hochsalwand präsentierte sich uns auch der letzte und höchste Gipfel unserer Tour: Die Soinwand. Zwar ist diese nur rund 125 Meter höher als die Hochsalwand; was die Angelegenheit unangenehm macht, ist die Tatsache, dass zuvor ein Abstieg über fast exakt 200 Höhenmeter erfolgt. Ich muss zugeben, dass ich das heute nicht mehr unbedingt gebraucht hätte. Natürlich war der Abstieg selbst recht angenehm, aber der Aufstieg rauf zur Soinwand war für mich an diesem Tag nicht mehr mit Genuss verbunden. Um im vorher begonnen Zahlenspiel zu bleiben: Es waren noch gut 20 % der zu bewältigenden Höhenmeter offen, mir standen aber nur noch 5 % meiner Kräfte zur Verfügung.
Die Schönheiten des Aufstiegs zur Soinwand konnte ich zugegebenermaßen erst später auf den Fotos gustieren. Das letzte Stück wollte ums Verrecken nicht enden. Aber irgendwann war ich dann doch auf dem Gipfel. Wie herrlich ruhig es da war, während es auf dem gegenüber liegenden Wendelstein nur so wimmelte.
Der Gipfelausblick war einmal mehr berauschend. Besonders gefiel es mir, dass sich die Traithen-Brünnstein-Tour, die ich im letzten Jahr mit Iris gemacht hatte, komplett vor mir ausbreitete.
Der Abstieg nach Osterhofen bei Bayrischzell verlief gemächlich. Zu sehen gab es noch genug und ich war froh, dass ich - abgesehen von einem kurzem Gegenanstieg an der Keselwand - deren Gipfelsturm ich mir im Gegensatz zu Erwin sparte - nicht mehr bergauf gehen musste. Als wir gut acht Stunden nach unserem Abmarsch unsere Überschreitung beendet hatten und wieder im Tal waren, hatten wir gut 20 km Weg und knapp 1600 Höhenmeter abolviert. Für mich hat's gelangt, aber schön war's auf jeden Fall!