Als ich, diesmal alleine unterwegs, an diesem Tag aufgebrochen war, hatte ich nur an eine kleine Tour gedacht. Deshalb war es auch schon Viertel vor Zehn als ich am Parkplatz in Hohenburg bei Lenggries losmarschierte. Hätte ich da schon geahnt, dass mich die heutige Berglust über sechs Gipfel und gut sechzehnhundert Höhenmeter führen würde, wäre ich nicht nur früher aufgebrochen, sondern hätte gewiss auch etwas mehr zu essen und zu trinken mitgenomen. Doch von all dem noch nichts wissend, überquerte ich das kleine Brückchen direkt gegenüber des Parkplatzes, und ging eine ganze Weile eben, an den Fischteichen vorbei, dahin. Bis jetzt war es nur ein Spaziergang.
![]() An der kleinen Brücke geht es los |
![]() An den Fischteichen vorbei |
Sobald der Weg aber rechts, und bestens ausgeschildert, abbog in den Wald, steilten sich Weg und Gelände deutlich auf. Über einen eher tristen Steig durch meist düsteren Nadelwald, der nur selten von hellen Laubwaldabschnitten unterbrochen wurde, gewann ich rasch an Höhe und hatte schon gut zu schnaufen.
![]() Durch düsteren Wald |
![]() Nur manchmal ins Helle |
![]() Immer steil nach oben |
Die Tatsache, dass es einmal ein kurzes Stück bergab ging, tat der gesamten Steilheit des Geländes keinen Abbruch. Höher und höher ging es hinauf, bis ich plötzlich an einen herrlichen Aussichtspunkt gelangte, der wunderbare Blicke ins Tal und in die Berge erlaubte. Hier gönnte ich mir eine kurze und redlich verdiente Pause.
![]() Blick über Berg und Tal |
![]() Die Zugspitze zum Greifen nahe |
Leider konnte ich nicht lange bleiben, wollte ich doch schließlich auf den Gipfel und dachte immerhin schon darüber nach, zumindest noch den Fockenstein in die Tour einzubinden. Nach dem Aussichtspunkt war doch noch ein ordentlicher Aufstieg zu bewältigen, bis ich den höchsten Punkt des Geiersteins, und damit einen Gipfel, auf dem ich bislang noch nie gestanden war, erklommen hatte. Hier ließ ich mir die erste Brotzeit schmecken und genoss die Gipfelrast.
![]() Gipfelkreuz in Sicht |
![]() Ein kleiner Gipfelrücken |
Kaum erholt, war der kühne Entschluss gefasst, nicht nur zum Fockenstein weiter zu gehen, sondern tatsächlich die Große Lenggrieser Runde anzupacken. Doch schon, als es nach der Gipfelüberschreitung des Geiersteins zwar landschaftlich wunderschön, aber für meinen Geschmack viel zu weit nach unten ging, beschlichen mich erste Zweifel, ob meine Idee denn wirklich so toll wäre. Schließlich wusste ich ja, dass der Geierstein der niedrigste der sechs Gipfel war und dass jeder Meter, den ich jetzt abstieg, später mühsam wieder zurückerobert werden musste. Als ich schließlich an die Kreuzung kam, an der ich mich entscheiden musste, ob ich gleich die Biege mache und zurück nach Hohenburg gehe, oder ob ich tatsächlich zumindest noch den Fockenstein anpacke, überlegte ich mindestens eine Viertel Stunde lang, ehe ich mich entschloss, die Tour fortzusetzen.
![]() Der Fockenstein voran |
![]() Die späten Ziele des Tages |
![]() abwechslungsreich nach unten |
![]() Welcher Weg ist richtig? |
Nachdem ich mich also für die "wahnsinnige" (O-Ton Alpfanti) Tour entschieden hatte,musste ich zunächst einen eher weniger erquicklichen Steig durch den Wald nehmen, auf dem ich die eben verlorenen Höhenmeter mühsam zurückgewann. Dabei spürte ich den ersten Gipfel durchaus schon in den Beinen und die Tatsache, dass es langsam auch ordentlich heiß wurde, steigerte den Genuss zusätzlich, was ich insbesondere zu spüren bekam, als ich den Wald verließ und auf einer Almwiese ankam.
![]() Flora und Fauna im Einklang |
![]() Hitze auf der Almwiese |
Auch wenn ich zugegegebener Maßen schon ein bisschen müde wurde, weckte die Aussicht auf die baldige Ankunft auf dem zweiten Gipfel des Tages neue Kräfte. Der Weg erwies sich als abwechslungsreich und als ich schließlich oben am Fockenstein angekommen war, ließ ich mir Brotzeit und Ruhepause gut tun. Allerdings musste ich mein Trinken bereits einteilen, was mir nicht so gefiel.
![]() Charakteristische Felsengruppe |
![]() Ich bin am Gipfel |
![]() Unten der Tegernsee |
![]() Ochsenkamp (rechts), das nächste Ziel |
Angesichts des noch langen, vor mir liegenden Marsches konnte ich weder die Pause allzu lange halten, noch einen Abstecher zur Auer Alm machen, obwohl ich die Radlermass förmlich riechen konnte. Es ging also einmal mehr bergab, wobei ich einen weiten Umweg in Kauf nehmen musste, weil ein Stück unterhalb des Fockensteingipfels offenbar ein Teil des üblichen Abstiegsweges abgerutscht war. Über Extrawege freute ich mich in diesem Augenblick nicht unbedingt. Eine Stunde werde ich wohl unterwegs gewesen sein, bis ich endlich am Hirschtalsattel angekommen war, wo der bis auf Weiteres tiefste Punkt der Wanderung erreicht war und mich neuerlich runde 400 Höhenmeter Aufstieg hinauf zum Ochsenkamp erwarteten.
![]() zwischen Fockenstein und Hirschtalsattel |
![]() Und jetzt wieder hinauf |
Dieser nun bereits dritte Gipfelaufstieg erwies sich als Herausforderung. Der Puls war nun schon etwas höher und auch die Temperatur schien noch einmal gestiegen zu sein, möglicherweise auch die des Körpers. Jedenfalls nahm ich so manche Gelegenheit wahr, mich ein bisschen im Schatten aufzuhalten und die Aussicht zu genießen. Auch ein kurzes Gespräch mit einem Wanderer, der gerade eine Blase am Fuß behandelte, kam mir sehr gelegen. Der Aufstieg hinauf zum Ochsenkamp war heute schon besonders lang.
![]() Blick zurück zum Geierstein |
![]() Die bekannte Felsnadel |
Gerne hätte ich auch etwas mehr getrunken, aber mehr als kleine Schlücke waren leider nicht drin, wenn ich nicht schon vor dem letzten Gipfel ohne Flüssigkeit dastehen wollte. Schließlich aber endete auch dieser Aufstieg und es war wirklich ein tolles Gefühl, nun auch den Gipfel des Ochsenkamps erklommen zu haben.
![]() Drüben der Fockenstein |
![]() Einfach nur im Gras liegen |
Die kurze Ruhepause auf dem Ochsenkamp war im Grunde die schönste des ganzen Tages, wenn auch entschieden zu kurz. Der kleine Schluck Wasser, den ich mir gönnte, war ein kostbarer Hochgenuss. Da die Uhrzeiger aber so unerbittlich und hartnäckig ihre Runden drehten, wie Esel an der Mühle, blieb mir nichts anderes übrig, als meinen Rucksack wieder zu schultern und mich auf die nächste Etappe, den Höhenweg über die weiteren Kampengipfel zu machen. Im Grunde ist es ein abwechslungsreiches und nicht weiter aufregendes Auf und Ab. Nun aber war ich doch nicht mehr der Frischeste und die Aufstiege waren auch in ihrer jeweiligen Kürze mühsam. Der Auerkamp hat kein Gipfelkreuz und so weit ich das beurteilen kann, geht man auch knapp am höchsten Punkt vorbei. Trotzdem erlaube ich mir, auch diesen Gipfelsieg an mein Revert zu heften. Genauso auch den Spitzkamp, der als einziger Gipfel des Tages eine kleine, harmlose Kraxelei erfordert.
![]() Impression |
![]() Der Spitzkamp ist erreicht |
Jetzt gab es nur noch das Seekarkreuz zu bewältigen. Gebraucht hätte ich es eigentlich nicht mehr, aber wenn ich es buchstäblich links liegen lassen hätte, dann hätte mich das später doch ganz sakrisch gewurmt! Der Abstieg vom Spitzkamp ist wie der Aufstieg mit einer einfachen Kraxelei verbunden. Aufgrund meiner doch schon fortschreitenden Müdigkeit war ich dann aber ganz besonders aufmerksam, damit alles gut geht, zumal die Sonne doch schon beträchtlich in Richtung Westen unterwegs war und am heutigen Tag nicht unbedingt noch mit weiteren Gipfelstürmern zu rechnen war. Der Weg hinauf zum Seekarkeuz ist im Prinzip leichtestes Bergaufwandern über einen nicht besonders steilen Grasbuckel. Für mich aber schien dieser letzte Anstieg heute schier kein Ende zu nehmen.
![]() Letztes Tagesziel: Das Seekarkreuz |
![]() Kaputte Seilsicherungen erleichtern den Abstieg nicht wirklich |
Als ich schließlich und endlich den Gipfel des Seekarkreuzes erreicht hatte, warf das Gipfelkreuz schon einen bemerkenswert langen Schatten. Trotzdem habe ich mich ein paar Minuten hingehockt, um den für mich recht seltenen Anblick der Berge im Abendlicht zu genießen. Lange habe ich mir diesen Spaß aber nicht genehmigt, wusste ich doch, dass mir noch rund zwei Stunden Abstieg bevorstanden. Zu gerne hätte ich mich von Scotty ins Tal beamen lassen, aber irgendwie bekam ich zur Enterprise keinen Funkkontakt. So musste ich also doch den Fußweg nehmen.
![]() Blick zurück zu den Kampen |
![]() Seekarkreuz im Abendlicht |
Beim Abstieg habe ich die Füße dann schon deutlich gespürt, und der Durst war nicht unerheblich. Da kam es mir natürlich sehr gelegen, dass die am Weg liegende Lenggrieser Hütte heute Ruhetag hatte, was aber auch sein Gutes hatte, weil ich nach einer Einkehr vielleicht gar nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit ins Tal gekommen wäre. Der Sulzersteig zog sich erheblich lange hin, und dass man den Bach plätschern hört und sieht ist einem Durstigen so lange kein Trost, bis er endlich so nah ans Wasser ran kann, dass er die Wasserflasche füllen kann. Das letzte Stück, das noch rund zwei Kilometer flach dahingeht, braucht nach so einer langen Tour eigentlich niemand mehr. Trotzdem war die Wanderung, dem Sonnenuntergang entgegen ein würdiger Abschluss.
![]() Wasser, unerreichbar nah |
![]() Dem Sonnenuntergang entgegen |
Nach gut elf Stunden war ein wunderbarer Tag in den Bergen zu Ende gegangen, der mich über sechs Gipfel geführt hatte. Ein unvergessliches Erlebnis!